Einheimische kennen den missglückten Bahnhofsvorplatz am Hauptbahnhof, den die Vertreter der Deutschen Bahn bis heute als weitläufig und gelungen bezeichnen, und jeder Besucher lernt diese Fläche beim Eintreffen in die Hauptstadt sofort kennen. Dieser Platz ist aber zugleich auch Angriffsfläche für viele Leute, die zum einen die Gestaltung für vollkommen widerlich halten, zum anderen auf die Verschwendung von öffentlichem Raum verweisen.
Was ist dran an diesem Urteil? Immerhin gibt es relativ wenige Bahnhöfe auf der Welt, die auf einen Vorplatz verzichten, zumal wenn sie als Mittelpunkt einer Stadt konzipiert wurden. Der Besucher sollte auf eine freie Fläche treten, die ihn willkommen heißende Stadt in sich aufnehmen und sich dann ins urbane Leben stürzen, so zumindest die Konzeption des Bahnhofvorplatzes im Allgemeinen. Was davon findet sich jedoch in Berlin?
Jeder baut, wie er will!
Berlin hat ein Problem mit der Architekturplanung, das ist klar und für jeden etwas genauer hinschauenden Beobachter auch sofort offenbar. Jedes Neubauprojekt scheint wie ein Ufo einfach an freier Fläche gelandet zu sein und das ergibt dann im Ganzen weder eine Struktur noch eine wie auch immer geartete Harmonie. Ich will hier keinesfalls solchen durchgeplanten Städten wie Singapur oder auch Brasilia das Wort reden, dort ist es auch einfach zu viel der scheinbaren Harmonie, doch vieles wirkt in Berlin unzweifelhaft wie zusammengeschustert!
Beim Bahn des Hauptbahnhofes jedenfalls dachte man offenbar vor allem an Shopping und setzte inmitten ins Nirgendwo einen Klotz, der überhaupt keine Bindung zum Rest der Stadt aufweist. Der Bahn war es offenbar vollkommen egal, welchen Eindruck die Reisenden nach dem Eintreffen von Berlin bekommen und so reiht sich dieses Bauwerk ein in eine lange Reihe von offensichtlich planlosen, ohne Zusammenhang entworfenen Projekten.
Das Gebäude als Anziehungspunkt
Ich weiß wirklich nicht, warum die Berliner Stadtplaner und Bahnarchitekten ein solch banales und fremd wirkendes Gebäude dort hingestellt haben, aber ich denke es gibt dafür zwei ganz einfache Gründe. Zum einen brauchte Berlin natürlich einen großen Bahnhof und der sollte schon auch irgendwie eine Verbindung haben zur Stadt, zumindest aber zum Regierungsviertel und so kann jeder mit ordentlicher Bereitschaft zum Laufen sicher auch hier seinen Stadtrundgang starten. Die Funktion als Tor, das man durchschreitet, sowohl beim Eintreffen wie auch beim Verlassen, erfüllt der Bahnhofsvorplatz überhaupt nicht und das ist in Berlin offenbar typisch. Der zweite Grund für diese leblose, schale Architektur liegt nämlich in der Betonung des Gebäudes selbst: Der Bahnhof soll auch Berlinern als Anziehungspunkt dienen mit all seinen Geschäften und kommerziellen Attraktionen und dabei spielt der Platz selbst keine Rolle. Früher fanden sich die Menschen auf Plätzen zusammen, saßen und diskutierten und stritten und handelten dort, doch heute wirbt das Gebäude selbst für sich und zeigt damit ein wunderbares Beispiel für die Kommerzialisierung des Alltagslebens.
Innehalten, aufnehmen und durchatmen geht weder im Fastfood Restaurant noch im xten Shop für irgendwas, sondern das braucht Fläche und freien Raum! Beides kann der Bahnhofsvorplatz zwar bieten, aber es gibt einfach keine Verbindung mit dem Rest der Stadt, so dass sich selbst Touristen heute fragen: Wer hat solche Scheußlichkeiten eigentlich bei der Stadtplanung zu verantworten?