Betrachtet der Urlauber in Berlin prachtvolle Fassaden schöner Gebäude, kann dies vor allem in einem Stadtteil wie Kreuzberg ein Haus aus der Gründerzeit sein. Die Gründerzeit ist zeitlich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts anzusiedeln, als Beginn wird gerne die Gründung des deutschen Kaiserreichs von 1871 genannt. Oftmals wird die Gründerzeit für einen Zeitraum bis 1914 festgelegt, bis dahin hatte die Industrialisierung in Deutschland einen ungeahnten Aufschwung genommen.
Gründerzeit bedeutet üppige Bauweise
Der Aufschwung zeigt sich in den Häusern dieser Zeit, die durch üppige Stuckverzierungen an der Fassade auffallen. Dazu kommen die typischen Erker, die bei Häusern aus der Gründerzeit stets zu finden sind. Dank der Industrialisierung kam es zu Erfolgsgeschichten, die dazu führten, dass in Berlin ein wahrer Bauboom die schönsten Bauwerke im Gründerstil schuf. Schon ein Blick auf die Fenster dieser Häuser kann den Architekturfan begeistern, wenn man geometrische oder florale Ornamente auf dem Fenstersockel in zahlreicher Form betrachten kann.
Die beeindruckenden Säulen, die rechts und links neben dem Fenster zu bewundern sind, deuten sofort an, dass das Haus im Stil der Gründerzeit gebaut wurde. Der Blick auf die vorletzte Etage lohnt immer, denn hier werden die Fenster besonders betont. So gibt es Spitzgiebel zu bewundern, doch sollte der Blick auch in untere Etage gehen, wo Rundbögen zu betrachten sind, die wunderbar verschnörkelt die Schönheit der Bauten aus der Gründerzeit unterstreichen.
In der Gründerzeit war das Kopieren Pflicht
In der Gründerzeit wurde nicht ein neuer Baustil konzipiert, sondern die Architekten schauten sich in der Welt um und nutzten die Ideen vieler Baustile und verbanden sie alle, um wieder ein neues Gebäude der Gründerzeit entstehen zu lassen. Der Kenner der Architektur wird beim fachmännischen Blick auf ein solches Gebäude immer wieder feststellen, welche Baustile vergangener Jahrhunderte hier verwendet wurden. Neo-Barock, Neu-Renaissance oder Neu-Gotik sind als Begriffe in der Baukunst erfunden worden, damit für den Laien verschleiert wurde, dass hier Gotik, Renaissance und Barock als Baustil einfach nur kopiert wurden.
Selbst Kaiser Wilhelm der Zweite erlag dem Charme der Gründerzeit – so kam es zur Namensgebung des Wilhelminischen Stils, der als Neu-Barock bezeichnet wurde und der letzte Bautrend der Gründerzeit war. Mit beeindruckenden Bauwerken voller Pracht und Protz gab der Monarch Gebäude in Auftrag, die heute noch von Kennern dieser Zeit bewundert werden.
Auf Städtereisen sind Gründerzeitgebäude beliebte Motive
Wer die Pracht und Üppigkeit der Gebäude betrachtet, wird sich gleich denken, dass hier zu leben viel Geld kostete. Das neue Großbürgertum in Berlin, das sich sich große Wohnungen leisten konnte, zog in solche Häuser ein und wer hier lebte, der hatte Parkett auf dem Boden, Decken mit Stuckverzierungen und große Flügeltüren. Der neue Reichtum dieser Zeit wollte seinen Reichtum zeigen und lud gern seine Freunde in seinen luxuriösen Wohnraum ein.
Lebten hinter den Prachtfassaden der Gründerzeit die Großbürger dieser Zeit, so gab es aber auch in Berlin viele Hinterhöfe, die Wohnraum für Arbeiter und ihre Familien bereithielten. Berlin ist heute für viele Architekturfans immer eine Städtereise wert, um sich die verbliebenen Schmuckstücke der Gründerzeit auf interessanten Besichtigungstouren durch die Stadt anzusehen.