Titelbild: Postfuhramt (2010) von Jörg Zägel – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0.
Das ehemalige Kaiserliche Postfuhramt in der Oranienburger Straße an der Ecke zur Tucholskystraße ist eines der repräsentativsten Gebäude der Gründerzeit in Berlin. Zwischen 1875 und 1881 wurde das aufwendig gestaltete Behördengebäude nach einem Entwurf von Carl Schwatlo im Stil der italienischen Renaissance erbaut.
Architektur
Den gelben Klinkerbau zieren rote und blaue Schmuckelemente. Darüber hinaus gibt es aufwendig gestaltete Terrakotta-Ornamente, Formsteine und Gesimse. An der Straßenecke befindet sich das abgeschrägte Hauptportal in einer monumentalen mit Ornamenten verzierte Rundbogennische. Diese erstreckt sich über die gesamten drei Stockwerke. Hier befand sich die Postannahmestelle. Später wurde in der monumentalen Eingangshalle eine Zwischendecke eingezogen. Sie sollte gegen Zugluft schützen, nahm dem Gebäude jedoch viel von seiner beeindruckenden Wirkung. Über der Zwischendecke thront eine achteckige Tambourkuppel zwischen zwei kleineren Kuppeln.
Vom Hauptportal zweigen die beiden Gebäudeflügel in die Oranienburger Straße und die Tucholskystraße ab. Unterhalb der zwei kleineren Kuppeln schmücken Terrakotta-Ornamente die Fensterachse. Mit Kinderfiguren werden typische Symbole des Postwesens dargestellt.
Zwischen den Fenstern im Erdgeschoss befinden sich 25 Porträts von Persönlichkeiten, die für das Postwesen im engeren und das Verkehrswesen im weiteren Sinne von Bedeutung waren. Besucher laufen entlang des Gebäudes an Abbildungen von Herodot, Marco Polo, Johann Gutenberg, Christoph Kolumbus, Nikolaus Kopernikus und weiteren großen Namen der Geschichte vorbei. Ein 26. Portrait wurde im Krieg zerstört.
Im Hof des Hauptgebäudes befanden sich parallel zur Tucholskystraße zwei Stallgebäude, in denen bis zu 250 Pferde untergebracht werden konnten.
Am nördlichen Ende der Stallungen wurde das Rohrpostgebäude mit seinem Kessel- und Maschinenraum errichtet. In dem Gebäude waren außerdem Teile eines Fernsprechamtes sowie Unterrichtsräume der Post- und Telegrafenschule und mehrere Dienstwohnungen untergebracht.
Geschichte und aktuelle Nutzung
Bereits vor dem Bau des Kaiserlichen Postfuhramtes befand sich an diesem Ort ein Postilliongebäude. Dieses war jedoch nicht mehr für die Belange der stark wachsenden Stadt ausgerichtet. Die Ställe waren baufällig. Aufgrund der Enge wurden viele Pferde krank und starben. Das neu errichtete Kaiserliche Postfuhramt schaffte hier Abhilfe.
In den Bombenangriffen des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude schwer beschädigt. Der Flügel in der Tucholskystraße, ehemals Artilleriestraße, wurde stark getroffen. Der Flügel in der Oranienburger Straße brannte aus.
Nach dem Krieg wurden die noch intakten Gebäudepartien bis in die 1970er Jahre wieder als Postfuhramt genutzt. Danach wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt und erste Renovierungsarbeiten vorgenommen. 1995 wurde der Postbetrieb eingestellt.
Künstler stellten dort ihre Werke aus, bis die Deutsche Post AG 2005 das Gebäude an einen israelischen Investor verkaufte. Statt der geplanten Wohnungen und den Hotels, die dort entstehen sollten, wurde das Gebäude 2012 an Biotronik weiterverkauft. Biotronik ist Hersteller von medizintechnischen Produkten.