Bildquelle: Von A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0.
Kostümnachbildungen ertasten sehbeeinträchtigte und blinde Besucher mit den Händen, 350 Jahre Geschichte erfahren Hörgeschädigte auf Video Guides: Der Rundgang durch die 2009 eröffnete Dauerausstellung auf Schloss Schönhausen ist ein Musterbeispiel für barrierefreies Erleben von Kunst und Kultur.
Lustschloss, Sommerresidenz und Präsidentensitz
Auf den um 1680 noch weit vor den Toren Berlins gelegenen Ländereien Pankow und Niederschönhausen lässt Oberhofmarschall von Grumbkow ein Lustschlösschen erbauen. Architekt und Baumeister der dreiflügeligen Anlage mit zwei Obergeschossen ist J.A. Nering. Nach dem Tod Grumbkows geht das Schlösschen 1691 in kurfürstlichen und später königlichen Besitz über. Zwischenzeitlich als Wohnung durch Hofbeamtenfamilie genutzt, verwahrlost das Schloss zunehmend. 1740 schenkt Preußenkönig Friedrich II. das Schloss seiner Ehefrau Elisabeth Christine als Sommerresidenz. Über 50 Jahre wird sie die Sommermonate ohne Gatten auf Schloss Schönhausen verbringen.
In den Jahren nach ihrem Tod ist das Schloss selten bewohnt und verfällt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend. Erst zu Beginn des nachfolgenden Jahrhunderts sanieren zuerst der Freistaat Preußen und dann die Nationalsozialisten das Schloss aufwendig, es ist nun Ausstellungsort und Lager beschlagnahmter Kunstwerke. Den Zweiten Weltkrieg übersteht Schloss Schönhausen nahezu unbeschädigt. Gelegen in der damals russischen Besetzungszone nutzt es die Regierung der DDR als Amtssitz des einzigen Präsidenten Wilhelm Pieck und später als Gästehaus für hochrangige Staatsbesuche.
Baugeschichtliche Entwicklung
Bereits 1704 erweiterte Baumeister und Architekt Eosander v. Göthe den Kernbau im Norden und Süden um eingeschossige Flügel für größeren Wohnkomfort der herrschaftlichen Familie. Die konsequente Umwandlung in ein Rokoko Schlösschen begann mit der Schenkung an Königin Elisabeth Christine. Eingeschränkt finanzielle Mittel gestatten ihr nur eine langsame Gestaltung und Einrichtung von Schloss und Garten.
Nach den Verwüstungen durch russische Truppen im Siebenjährigen Krieg wird das Schloss 1764 zur heutigen Gestalt als Rechteckbau mit Walmdach umgebaut. Der königlich-preußische Oberbaudirektor Boumann d. Ä. schließt den einstigen Ehrenhof durch den Überbau eines Treppenhauses und stockt die Pavillons auf die Höhe des Haupthauses auf. Schloss Schönhausen hat nun eine Bruttogeschossfläche von 2.549 Quadratmetern.
Die Sanierung ab Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts umfasst das Dach, die Fußböden, die eingesackte Haupttreppe, Stuckdecken und Wände. Das Schloss erhält eine Heizung und wird an das Berliner Be- und Entwässerungssystem angeschlossen. Eine aus einem in Berlin abgerissenen Haus geborgene barocke Stuckdecke wird zusätzlich eingebaut.
Sichtbare Eingriffe erfährt das Schloss mit Übernahme durch die DDR Regierung. Das Gebäude wird um einen Garagenkomplex und einem Casino mit Kanzleigebäude erweitert. Die Fassade erhält 1983 einen für diese Zeit typischen Glaskröselputz, die schädliche Zusammensetzung führt in den Folgejahren zu einer Durchfeuchtung der Wände. Im Inneren führen die Umbauten zu Gästezimmern und Aufenthaltsräumen zu immer neuen Verlusten an der historischen Substanz.
Wiederherstellung von Schloss und Garten
2005 verfügt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die denkmalgerechte Sanierung des Schlosses. In der Erinnerung an die wechselhafte Geschichte werden nicht alle Räume nach historischem Original des späten 18. Jahrhunderts wiederhergestellt. Vielmehr gilt es, wesentliche Merkmale herauszuarbeiten, wie sie in den jeweiligen Zeiträumen typisch waren. Konservieren statt rekonstruieren lautet die Devise.
Für die Außengestaltung liegt das Augenmerk auf der Rückgewinnung der barocken Fassade. Auf der Gartenseite werden Reste des Originalputzes gefunden und gesichert, die anderen Flächen werden in historisch sanft ziegelroter Farbgestaltung mit dampfdurchlässigem Kalkputz versehen.
Im Schloss entdecken Restauratoren unter Wandbespannungen und neueren Farbschichten an vielen Stellen die ursprüngliche Gestaltung. Anhand von Inventarbüchern der Stiftung können Möbel, Tapeten und Gemälde aus dem Besitz der preußischen Königin Luise identifiziert, restauriert und an den ursprünglichen Ort eingebracht werden. Weitgehend erhalten sind bis heute der Festsaal im Stil des späten Rokoko, das Treppenhaus sowie einige der prächtigen Zimmer aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit Stuckdecken, farbenfrohen Blumenmustertapeten und kostbaren Einrichtungsgegenständen.
Ein Teil des östlichen Obergeschosses präsentiert mit Gästeappartement sowie Kaminzimmer in kräftigen Farben und DDR Einrichtung die jüngste Geschichte des Schlosses, die Selbstinszenierung der SED Diktatur gegenüber Staatsgästen.