Das KaDeWe am Kudamm hat eine bewegte Geschichte hinter sich

Das KaDeWe damals und heute

Bildquelle: Von Jörg Zägel – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0.

1907 errichtet der Architekt Johann Emil Schaudt in der damals noch selbständigen Stadt Charlottenburg und vor den Toren der neu entstandenen Reichshauptstadt Berlin das noch heute so genannte Kaufhaus des Westens (KaDeWe) als Warenhaus. Nach einem Vorbild amerikanischer Kaufhäuser konzentrieren sich nach nur einjähriger Bauzeit viele kleine Fachabteilungen auf 24.000 Quadratmetern Verkaufsfläche unter einem Warendach.

Nach mehrmaligen Umbauten und Modernisierungen ist es heute mit einer Fläche von 60.000 Quadratmetern nach dem Harrods in London das zweitgrößte Kaufhaus in Europa. Und die Planungen gehen weiter. Mit dem Anbau von Außenfahrstühlen sowie einer Dachterrasse mit Freiluftgarten will der derzeitige Besitzer seinen Besuchern das die Berliner City West bestimmende Haus auch unabhängig vom laufenden Warenhausbetrieb erlebbar machen.

Außen sachlich neoklassizistisch, innen gediegen modern

Baupolizeilichen Vorschriften entsprechend gliedert sich das fünfstöckige Gebäude horizontal wie ein Wohnhaus, nur zwei Mittelrisaliten unterbrechen die Fassade aus fränkischem Muschelkalk. Diese Forderungen ergeben sich nach einer Kampagne anliegender Einzelhändler zum Schutz vor der neuen Betriebsform Warenhaus. Auch sonst weichen Außen- und Innengestaltung von der eher großzügigen und pompösen Aufmachung bereits vorhandener Häuser in Deutschland und Frankreich ab. So gibt es weder Glasfassade noch üblichen Eckrundungen am Gebäude. Statt des über alle Etagen reichenden, glasüberdachten Lichthofes gestaltet der Architekt eine zweigeschossige, holzgetäfelte und kassettierte Eingangshalle mit zwei seitlichen Marmorportalen. In den sich anschließenden Innenhöfen mit Gärtchen und Springbrunnen finden Kunden Ruhe.

In den halbrunden Risaliten befinden sich auch heute noch Treppenhäuser, an der Fassade über dem Eingang prunkt als auffälliger Fassadenschmuck ein kleiner Balkon mit einer drei Meter Durchmesser fassenden Wanduhr. Ein Uhrspiel mit dem Wahrzeichen des Hauses, einer unter vollen Segeln stehenden Hansekogge, verkündet Zeit und Stunde.

Naturstein und Täfelungen aus australischem Moaholz prägen die eher gediegen und reduziert gestalteten Innenräume, elektrisches Licht spenden Kohlefadenlampen. Als technisches Highlight verbindet ein Rohrpostsystem über eine Gesamtlänge von 18 Kilometern die 150 Zahlstellen mit der Zentralkasse. Wegen der Fehlerhäufigkeit ersetzen Registrierkassen das englische Fabrikat nach wenigen Jahren.

1929 bis 1930 erweitert sich die Verkaufsfläche um zwei Vollgeschosse und Dachgartenterrasse, darunter auch die noch heute Maßstäbe vorgebende Feinkostetage mit Entlüftungsapparaturen. Das bisherige Walmdach ersetzt nun ein Mansardendach, die bisher vorhandenen 13 Personen- und Lastenaufzüge werden modernisiert und zahlenmäßig erhöht.

Kriegsbedingter Wiederaufbau und Entwicklung zum Luxustempel

Im Zweiten Weltkrieg stürzt ein amerikanisches Kampfflugzeug auf das Gebäude, es brennt fast vollständig aus. Zur Wiedereröffnung 1950 präsentiert sich das KaDeWe mit nach Plänen des Architekten Hans Soll erheblich vereinfacht gestalteten Etagen.

Erst mit den Um- und Ausbauten in den 70er Jahren gelingt der Qualitätssprung in Angebot und Innenarchitektur, das KaDeWe erinnerte wieder an das hohe Niveau der Gründerzeit. Über einen überdachten Brückengang gelangen Kunden direkt in die dritte Etage, 44.000 Quadratmeter Einkaufsfläche offerieren der Westberliner Klientel ein gehobenes Kaufhaussortiment und Feinkostwaren.

Die letzte Erweiterung erfolgt von 1991 bis 1994 durch die Aufstockung einer 7. Etage. Im Zusammenhang mit der 100-Jahr-Feier des Hauses und geprägt von fortlaufenden Veränderungen der Besitz- und Führungsverhältnisse gibt es 2004 bis 2007 eine erneute Phase größerer Modernisierungs- und Umbauarbeiten, ganze Abteilungen und Restaurants werden verändert, ausgelagert und geschlossen.

Die 2016 vom Architekturbüro Koolhaas vorgestellten Umbaupläne gelten als die tiefgreifendsten Veränderungen: Das Haus soll optisch in vier, jeweils sich um ein Atrium gruppierende Sektionen aufgeteilt werden. Gewollt ist eine gestalterische Gliederung von Geschäftsbereichen mit verbesserter Kundenorientierung. Für die Dachgestaltung wird eine kantige Glas-Stahlträger-Fassade das bisherige Rundgewölbe ersetzen. Mit diesen Maßnahmen soll der Wunsch der derzeitigen Besitzer wahr werden, neben einem hochwertigen Warenangebot auch außerordentliche Erlebnisse zu bieten.