Einen ganzen Häuserblock nimmt das monumentale, als „Kriminalgericht“ bezeichnete Justizgebäude in Moabit im Bezirk Berlin Mitte ein – und hinterlässt in dem Arbeiterviertel mächtig Eindruck. Von den einen wird es als „kaiserlichen Faustschlag ins Gesicht der Moabiter Arbeiterklasse“ und Einschüchterungsbau kritisiert, andere wiederum nehmen es als Ausdruck für einen wertzuschätzenden Rechtsstaat wahr.
Architektur vom Kriminalgericht
Beim Kriminalgericht in Moabit handelt es sich um einen neobarocken Bau, geplant von dem Geheimen Oberbaurat Paul Thoemer und dem Landesbauinspektor Jean Fasquel. Die Bauleitung hatten Rudolf Mönnich und Carl Vohl inne. Das Hauptgebäude erstreckt sich über 210 Meter entlang der Turmstraße. Nebst dem herausragenden, mittig platzierten Hauptportal ragen zwei 60 Meter hohe Türme empor, welche mit einer Kupferkuppel abschließen. An der gesamten Fassade wurden etliche Gesimse entsprechend dem neobarocken Stil angebracht. Das Dach über dem Eingangstor läuft nach romanischem Stil spitz zu. Über dem Haupttor sowie an einem der Torbögen der Mittelhalle thront die Göttin Justitia als Steinskulptur. Ornamente, Säulen und Steinskulpturen in Form von Adlern beeindrucken die Besucher vor dem Hauptportal. In der Eingangshalle empfängt eine wuchtige geschwungene Treppe ihre Besucher.
Als erstes Gebäude Berlins verfügte das 1906 als hochmoderner Bau geltende Kriminalgericht über eine elektrische Beleuchtung. Es war sogar mit eigenem Kraftwerk, Personenaufzügen, einer Zentralheizung, einer Telefonanlage und einem Wasserturm ausgestattet.
Ein geheimes System aus Gängen ermöglichte es, die Angeklagten aus dem benachbarten Untersuchungsgefängnis Moabit in die Gerichtssäle zu führen. So wurde verhindert, dass sie unterwegs Zeugen oder Angehörigen begegnen konnten.
Der wilhelminische Bau verfügt über 21 Gerichtssäle – eine Zeitung kommentierte 1911: „Um sich in dem Labyrinth von Korridoren, Treppen und Seitengängen zurechtzufinden, wird es eines längeren Studiums bedürfen“.
Geschichte und aktuelle Nutzung
Da die Kapazitäten des Gebäudes nicht mehr ausreichten, wurden ab den 1950er Jahren die Gebäudeteile B bis E zu dem Komplex hinzugefügt. Ihre Architektur fällt entgegen des Hauptgebäudes eher nüchtern aus. Heute gibt es in dem gesamten Gebäudekomplex 21 Innenhöfe und 17 Treppenhäuser. Die Korridore sind bis zu 200 Meter lang. In dem Gebäude ist das größte Strafgericht Europas untergebracht.
Es befindet sich das Amtsgericht Tiergarten, die Strafkammern des Landgericht Berlins und weite Teile der Staatsanwaltschaft Berlins in den Räumen des Kriminalgerichts. Dort arbeiten etwa 2000 Personen, darunter rund 340 Richter und 360 Staatsanwälte.